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Das erfolgreiche Team von north.io fuhr zum Schlafen zurück nach Kiel und programmierte erst am nächsten Morgen weiter.

Quelle: BMDV

Ein fünfköpfiges Team aus Kiel entwickelte beim DataRun 2023 eine App, mit der sich künftig die Sabotage von kritischer Infrastruktur genauso eindämmen lässt, wie das Verklappen von Giftmüll und illegaler Fischfang. Mit ihrer Idee überzeugten sie die Jury.

September 2022. Mitten in der Ostsee strömt Gas an die Oberfläche und lässt das Wasser einen schaumigen Ringeltanz aufführen. Über Tage. Die Welt staunt. Beide Nord-Stream-Pipelines haben gleichzeitig ein Leck und relativ schnell ist klar, dass sich jemand daran zu schaffen gemacht haben muss. Aber wer? Und warum?

Diese Fragen stellen sich damals auch Marcel Louwers (auf dem Foto links) und seine Kollegen von der north.io GmbH. Die Firma sitzt in Kiel und arbeitet mit Meeresdaten. „Unser Gründer hat seine Bachelorarbeit beim Kampfmittelräumdienst geschrieben“, erzählt Louwers. „Durch diese Erfahrung hatte er während seines Studiums die Idee, im Meer liegende Minen und andere gefährliche Überbleibsel des Zweiten Weltkriegs mithilfe von Daten zu lokalisieren.“

App spürt Schiffe auf, die nicht gefunden werden wollen

Bei ihrer Anmeldung zum DataRun 2023 erinnerten sich Louwers und seinen Kollegen an den Vorfall in der Ostsee. Inzwischen gab es Berichte, wonach die Täter vermutlich mit einer gecharterten Jacht auf das Meer hinausgefahren waren und die Sprengsätze in mehrstündigen Tauchgängen anbrachten, ohne dass jemand etwas davon mitbekam.
Auf Schiffen ab einer bestimmten Größe muss eigentlich das bordeigene Automatic Identification System (kurz: AIS) aktiviert sein. Oft bleibt es jedoch aus. „Es gibt viele illegitime Gründe, das AIS abzuschalten“, seufzt Louwers. „Vom Verklappen von Müll über verbotenen Fischfang bis zur Sabotage von kritischer Infrastruktur. Die Explosionen an den Gasleitungen haben gezeigt, wie verwundbar die maritime kritische Infrastruktur ist.”

Tatsächlich sind auf der Ostsee viele Schiffe unterwegs, deren Position nicht im AIS auftaucht. Er deutet auf einen Bildschirm, auf dem eine Karte flimmert. Überall blinken blaue, aber auch mindestens genauso viele rote Punkte. „Sehen Sie die blauen Punkte, das sind Schiffe, die aktuell sichtbar sind. Die roten hingegen“, zeigt Louwers und lässt den Cursor auf einen roten Fleck schnellen, „schippern mit ausgeschaltetem AIS herum.“

Von der Idee zur Anwendung in 24 Stunden

Dass er die roten Punkte so einfach zeigen kann, ermöglicht die App, die das Team im Rahmen der Challenge „Meer Daten für die Zukunft“ während des DataRuns programmiert hat. Dafür entwarf es einen Algorithmus, der aus Satellitendaten die Position von Schiffen extrahieren kann. Diese kombinierten Louwers und seine Kollegen wiederum mit den Signalen des AIS sowie mit geographischen Angaben zur Lage kritischer Infrastruktur. „Unsere Idee war, dass man nicht nur erkennen kann, wo sich Schiffe mit ausgeschaltetem AIS bewegen, sondern auch, ob sie in der Nähe von Gaspipelines, Datenkabeln oder Windparks unterwegs sind“, erläutert Louwers. Wird ein verdächtiger Aufenthalt identifiziert, könnte zum Beispiel ein autonomes Unterwasservehikel in Gang gesetzt werden und nach möglichen Manipulationen suchen.

Beim DataRun programmierte das Team bis zur letzten Sekunde. Das Ergebnis kann sich sehen lassen und gewann den Preis in der Kategorie Ungewöhnlichste Herangehensweise. „Wir sind sehr stolz darauf, dass wir am Ende eine funktionstüchtige App zeigen konnten“, freut sich Louwers. Mit im Team waren die Backend-Entwickler Juan Veliz und Björn Arndt, der Frontend-Entwickler Dmitry Kitsenko sowie der KI-Spezialist und Big-Data-Ingenieur Anton Myagotin. Marcel Louwers, der erst nach einem Medizinstudium zur IT kam, sorgte dafür, dass die Kollegen gut arbeiten konnten und präsentierte am Schluss das Ergebnis. An die Veranstaltung denkt er gerne zurück: „Hackathons können manchmal etwas nerdig sein, aber hier gab es ein sehr herzliches Miteinander. Das hat mir gut gefallen.“

Team möchte die Anwendung auf den Markt bringen

Nun möchte das north.io-Team die App zur Marktreife weiterentwickeln. Dass sie einmal nützlich sein wird, davon sind die fünf Kieler überzeugt. „Durch eine engere Zusammenarbeit aller Akteure und den Ausbau des Monitorings können Gefahren für die maritime kritische Infrastruktur Dank der Digitalisierung künftig frühzeitig erkannt, lokalisiert und identifiziert werden”, ist sich auch Jann Wendt, Gründer und CEO von north.io sicher. Mit den Sicherheitsbehörden, Umweltschutzorganisationen oder Betreiberfirmen von Windparks stehen viele potenzielle Nutzer bereit.

Mehr Informationen zu den Fördermöglichkeiten im Rahmen der Innovationsinitiative mFUND finden Sie unter www.mfund.de.