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Dr. Stefan Hill

Quelle: Dr. Stefan Hill

Ich habe von 1972 bis 1978 an der Technischen Hochschule Darmstadt (heute: TU Darmstadt) Bauingenieurwesen studiert, mit einer Vertiefung in Siedlungswasser- und Abfallwirtschaft, Wasserwirtschaft, Wasserbau. Nach dem Studium schloss sich zunächst eine wissenschaftliche Tätigkeit an den Technischen Hochschulen in Darmstadt – wo ich auch promovierte – und Kaiserslautern an. Das technische Referendariat in der Fachrichtung Wasserwesen absolvierte ich in Hessen und schloss es 1986 als Assessor ab.

Nach dem Referendariat arbeitete ich zunächst zwei Jahre als Dezernent für Industrieabwasser beim Regierungspräsidium Darmstadt. Daran schlossen sich eine einjährige Tätigkeit als Leiter der Sondergruppe Hoechst beim Wasserwirtschaftsamt Wiesbaden und zwei Jahre als Mitglied der Zentralen Expertengruppe Umweltschutz im Landesamt für Umwelt und Gewerbeaufsicht in Mainz an. 1991 wechselte ich ins Ministerium für Umwelt Rheinland-Pfalz und war dort insgesamt 16 Jahre tätig, zuletzt als stellvertretender Abteilungsleiter Wasserwirtschaft. Seit 2007 schließlich bin ich Präsident des Landesamtes für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht in Rheinland-Pfalz.

Meine Aufgaben haben sich im Laufe der Zeit stark ausgeweitet. Waren es zum Berufsstart zunächst sehr fachbezogene Arbeiten – insbesondere zum Spezialthema Industrieabwasser –, so kamen später zusätzliche Sonder(fach)aufgaben und ein breites Spektrum weiterer Spezialthemen hinzu. Zudem nahmen Personal-, Organisations- und Haushaltsaufgaben immer größeren Raum ein. Heute habe ich als Präsident einer großen Behörde Führungsfunktion mit Personalverantwortung für rund 320 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Leitungsaufgaben, Personalführung und das wichtige Feld der Politikberatung erfordern dabei Qualitäten als Generalist.

Besonders spannende Herausforderungen auf den verschiedenen beruflichen Stationen waren beispielsweise die drastische Schadstoffreduzierung bei großen Betrieben der chemischen Industrie Anfang der 1990er Jahre durch eine konsequente Umsetzung neuer Rechtsvorschriften (wasserrechtlicher Vollzug) oder die flächendeckende Einführung der kommunalen Kläranlagen in Rheinland-Pfalz um die Jahrtausendwende – ebenfalls durch konsequente Umsetzung neuer Rechtsvorschriften (wasserrechtlicher Vollzug). Auch die Bewältigung großer Hochwasserereignisse in den 1990er und 2000er Jahren gehörte zu diesen Herausforderungen. Daneben war das Erfordernis, Umorganisationen und Verwaltungsmodernisierungsprozesse zu bewältigen, ein ständiger Begleiter über die Jahre meiner beruflichen Tätigkeit. In meiner heutigen Funktion ist es die größte Herausforderung, „120 Prozent“ Aufgabenwahrnehmung mit aktuell 80 Prozent Personalbestand zu gewährleisten.

Wenn ich auf mein Referendariat zurückblicke, denke ich besonders an die Lehrgänge mit Übungen, die Exkursionen sowie die Hospitationen und Praktika in einer Vielzahl unterschiedlicher Behörden. Die zahlreichen Ausbildungsabschnitte waren vielfältig, abwechslungsreich und sehr unterschiedlich geprägt. Und gleichermaßen vielseitig waren die Themen, Institutionen sowie Menschen(typen) in Verwaltungen und Firmen, die wir damals kennenlernen durften. In meinem Alltag begegne ich regelmäßig früheren Mit-Referendarinnen und Referendaren. Die Diskussionen und Gespräche werden dann sehr schnell sehr konkret – „man“ kennt sich eben (oft sehr) gut. Das Referendariat war für mich Ausgangspunkt für viele langjährige Kontakte, die bis heute einen Teil meines beruflichen Netzwerks bilden.

Die im Rahmen des technischen Referendariats erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Einblicke waren – das kann ich mit Überzeugung sagen – Voraussetzung für meine beruflichen Schritte und Erfolge. Zu den dort erworbenen Kompetenzen zähle ich fachliche und rechtliche, aber auch Verfahrens- und Organisationskompetenz und nicht zuletzt Menschenkenntnis. Und natürlich war der gewonnene Überblick über Institutionen, insbesondere Verwaltungen und Behörden, und deren Abläufe sowie über die relevanten Gesetze eminent nützlich.

Heutigen Referendarinnen und Referendaren rate ich, die angebotenen Lehrgänge intensiv wahrzunehmen und Rechtsvorschriften (Fachrecht, Verwaltungsrecht) gründlich aufzunehmen. Der Nutzen der Praktika darf nicht unterschätzt werden, um vertieften Einblick in die Verwaltungstätigkeit zu erlangen. Dabei sollte die Auswahl der Behörde im besten Fall nach vorheriger Karriereberatung mit potenziellen Arbeitgebern erfolgen. Und schließlich: Stellen Sie Fragen – so oft und intensiv wie möglich!

Der Bedarf an neuen „Verwaltungsprofis“ ist aufgrund der vielen Altersabgänge (Generationenwechsel) innerhalb der nächsten zehn Jahre und der anstehenden Erneuerung der technischen Infrastruktur in Deutschland immens. Die langjährigen Stelleneinsparungen der öffentlichen Hand werden in absehbarer Zeit zu Ende gehen; danach werden sich Absolventinnen und Absolventen des technischen Referendariats infolge des Fachkräftemangels die Arbeitsstelle wahrscheinlich aussuchen können.