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Oliver Luksic

Quelle: Bundesregierung/Sandra Steins

Sechs Milliarden Euro wurden 2023 in das Autobahnnetz investiert. Ein neuer Rekord, so der Parlamentarische Staatssekretär im Verkehrsministerium, Oliver Luksic (FDP). Es gehe darum, einen Verkehrsinfarkt zu verhindern. Luksic ist auch Logistikkoordinator der Regierung.

Herr Luksic, alle stehen im Stau, auch Transportunternehmer. Muss das deutsche Autobahnnetz erweitert werden?

In der Vergangenheit wurden zu wenige Bauprojekte umgesetzt, und dies bei weiter steigendem Verkehrsaufkommen. Das ist für eine Wirtschaftsnation wie Deutschland so nicht hinnehmbar. Der Verkehr in Deutschland wird in jeder Hinsicht zunehmen. Um einen Verkehrsinfarkt zu verhindern, brauchen wir dringend mehr Tempo für den Ausbau aller Verkehrsträger – auch der Straße. Deshalb beschleunigen wir Planung, Genehmigung und Bau von Lückenschlüssen und die Auflösung von Engpässen im Fernstraßennetz, etwa mit dem kürzlich beschlossenen Planungsbeschleunigungsgesetz.

Wie viel hat die Autobahn GmbH in diesem Jahr verbaut?

Die Autobahn GmbH hat geliefert und 2023 rund sechs Milliarden Euro in das Autobahnnetz und die Bundesstraßen in Bundesverwaltung investiert. Das ist Rekord. Im Jahr 2022 waren es noch 5,4 Milliarden Euro. 2023 wurde an rund 5.000 Planungs- und Bauprojekten gearbeitet, um unsere Bundesfernstraßen-Infrastruktur zu modernisieren. Das ist vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels, der hohen Konkurrenz um die Baukapazitäten sowie der aufgrund des Krieges in der Ukraine resultierenden Lieferketten-Probleme und Baupreissteigerungen keine leichte Aufgabe gewesen.

Ihr Minister gilt als Fan der Straße. Ist das in Zeiten des Klimawandels noch richtig?

Wir lehnen ein Ausspielen der Verkehrsträger gegeneinander ab. Die Straße war, ist und bleibt mit großem Abstand der Verkehrsträger Nummer 1. Der Straßenverkehr hat eine unbestreitbare Bedeutung für die Bürger. Der Individualverkehr ermöglicht gesellschaftliche Teilhabe, gerade auch in ländlichen Regionen, und ohne den Lkw stehen unsere Fabriken still. Deshalb setzen wir auf zukunftsweisende Antriebe und Kraftstoffe, um klimaneutrale Mobilität voranzubringen.

Oftmals sind marode und gesperrte Brücken ein großes Problem. Wie ist da das Fortkommen bei den Sanierungen?

Beim Thema Brücken haben wir ein schwieriges Erbe angetreten. Viele Brücken stammen aus einer Zeit mit deutlich geringerem Verkehrsaufkommen, wurden nicht auf heutige Lasten ausgelegt und in der Vergangenheit nicht mit der notwendigen Priorität behandelt. Leider haben wir hier deshalb keinen ausreichenden Planungsvorrat von den Ländern übernehmen können. Aber das Bundesverkehrsministerium und die Autobahn GmbH sind sich der enormen Herausforderung bewusst, weshalb die Brückenmodernisierung oberste Priorität hat.

Steht die Ampel dazu, mehr Transporte auf die Schiene zu verlagern?

Ja, so haben wir es auch im Koalitionsvertrag vereinbart. Dazu gehört auch eine deutliche Stärkung der Schiene, gerade im Güterverkehr. Gleichzeitig wissen wir aber, dass es zunächst großer Investitionen in das Schienennetz und die Digitalisierung benötigt, um dies zu erreichen. Sowohl mit gesetzlichen Maßnahmen wie dem Planungsbeschleunigungsgesetz als auch mit finanziellen Mitteln schaffen wir dafür die Rahmenbedingungen. Außerdem fördern wir Multimodalität; insbesondere durch den Kombinierten Verkehr, der die Vorteile der Verkehrsträger vereint.

Die Sanierung der Bahn ist gesichert?

Ja. Wir haben mehr als mangelhafte Zustände auf der Schiene von den Vorgängerregierungen übernommen. Jetzt sanieren wir mit Rekordmitteln und einem neuen Konzept, das die Hochleistungskorridore in den Blick nimmt. Einen so umfassenden Einsatz für den Verkehrsträger Schiene hat es in der Geschichte der Bundesrepublik noch nicht gegeben.

Die Zahl der Schwerlasttransporte steigt. Es gibt viel Ärger bei den Unternehmen wegen hoher Kosten und langer Antragsfristen. Wie wollen Sie Abhilfe schaffen?

Die Autobahn GmbH hat es durch gezielte Digitalisierung mit dem Prüfmodul GST. Autobahn geschafft, dass Anhörungen bei der Autobahn GmbH größtenteils tagesaktuell beantwortet werden. Gleichzeitig hat die Bundesregierung mit der Straßenverkehr-Transportbegleitungsverordnung verhältnismäßigere Anforderungen und mehr Flexibilität ermöglicht. Insgesamt muss es bei dem Thema aber noch schneller und einfacher gehen. Dafür könnten etwa zentrale Erlaubnis- und Genehmigungsbehörden in den Ländern sorgen. 643 Erlaubnis- und Genehmigungsbehörden sind einfach zu viel, wir brauchen nur 16. Diese und weitere Verbesserungsvorschläge werden wir im neuen Jahr in einer Arbeitsgruppe mit den Ländern voranbringen.

Quelle: Rheinische Post 20.12.2023