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Für automatisiert navigierende Schiffe ist gerade das Manövrieren in beengten Fahrwassern oder das An- und Ablegen in Häfen und Schleusen eine besonderen Herausforderungen. Das DST – Entwicklungszentrum für Schiffstechnik und Transportsysteme in Duisburg – entwickelt seit Mitte Juni im Rahmen des Forschungsvorhaben ELLA (Entwicklungsplattform im Modellmaßstab für Manöver-Automatisierung) ein Wasserfahrzeug das eigenständig An- und Ablegemanöver oder Schleusendurchfahrten und Brückenpassagen planen und durchführen kann. Das Fahrzeug wird in seinem Erscheinungsbild eine miniaturisierte Ausführung eines Binnenschiffes sein.

Visualisierung zum Forschungsvorhaben ELLA

Quelle: DST



Während bei der Streckenfahrt im Kanal oder in fließenden Gewässern Vorgaben für die Planung von Bahn und Geschwindigkeit des Schiffes noch verhältnismäßig einfach beschreibbar sind, zumindest in Abwesenheit anderer Verkehrsteilnehmer, gilt dies für Hafen- und Schleusenmanöver nicht mehr. Eine gegebene Zielposition, bspw. eine Pier, kann in der Regel durch verschiedene Manöver angefahren werden. Die beste Strategie hängt nicht nur vom Schiff und seinen Manövrierorganen sowie dem momentanen Ladezustand ab, sondern auch von den aktuellen Umgebungsbedingungen wie Wind, Wasserstand, Strömung oder Verkehrslage. Die große Zahl von Parametern sowie deren starke Variabilität stellt automatisiert navigierende Schiffe vor erhebliche Herausforderungen bezüglich der Planung und Durchführung eines Manövers. Daher wird im Vorhaben ELLA eine Entwicklungsplattform gezielt für das automatisierte Manövrieren entwickelt, gebaut und in einem Testfeld eingesetzt. Fahrzeug und Testfeld dienen hierbei als Lernumgebung für eine künstliche Intelligenz, die anhand manuell vorgefahrener Manöver und eigener Fahrversuche Schritt für Schritt lernt, die geforderten Manöver zu planen und auszuführen. Am Ende der Entwicklung soll das System in der Lage sein, ein vorgegebenes Ziel eigenständig und sicher zu erreichen. Die Projektergebnisse lassen sich anschließend unter Berücksichtigung der Ähnlichkeitsgesetze auf reale Binnenschiffe übertragen: Durch die maßstabsgerechte Abbildung der Rumpfform sowie der Antriebs- und Manövrierorgane wird das Fahrverhalten eines typischen Gütermotorschiffes realitätsgetreu abgebildet.

Die Binnenschifffahrt leistet einen wertvollen Beitrag zur Bewältigung der wachsenden Verkehrsnachfrage und zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes Deutschland. Angesichts aktueller Herausforderungen, wie z.B. dem Fachkräftemangel beim nautischen Personal, ist die Automatisierung möglichst vieler Tätigkeiten an Bord ein Weg zur Stärkung der Zukunftsfähigkeit des wassergebundenen Verkehrs, gerade auch im Wettbewerb mit anderen Verkehrsträgern wie der Straße oder der Schiene. An dieser Stelle soll das Vorhaben ELLA einen wichtigen Beitrag leisten. Insbesondere steht das Fahrzeug auch über die Projektlaufzeit hinaus für künftige Forschungsvorhaben als Entwicklungsplattform und Versuchsträger, beispielsweise für Assistenzsysteme, automatisierte Fahrsteuerungen oder auch spezialisierte Sensorik, zur Verfügung.

Das Projekt wird vom BMDV im Förderprogramm Investitionen zur Entwicklung Digitaler Testfelder an Bundeswasserstraßen gefördert. Mit diesem Förderprogramm soll der Industrie die Erprobung von Systemen für eine automatisierte Navigation ermöglicht werden. Zur Weiterentwicklung der automatisierten und vernetzten Schifffahrt unterstützt das BMDV die Einrichtung von Testfeldern auf den Bundeswasserstraßen mit 23 Millionen Euro. Die Förderung soll die Attraktivität des umweltfreundlichen Verkehrsträgers Wasserstraße steigern.

Die Bearbeitung des Vorhabens erfolgt durch das DST – Entwicklungszentrum für Schiffstechnik und Transportsysteme. Das DST befasst sich als Forschungsinstitut seit 60 Jahren mit den besonderen Fragestellungen der Binnen- und Küstenschifffahrt.