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Eine Person im Rollstuhl wartet vor einem Aufzug

Quelle: Adobe Stock / Ilan Amith

Knapp 4,5 Millionen Menschen mit Beeinträchtigungen benötigen Unterstützung bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Hauptgrund sind fehlende oder unzuverlässige Informationen über die individuellen, auf der Reise zu erwartenden Barrieren. Denn die Anforderungen, die Menschen an eine barrierefreie Mobilität stellen, variieren je nach Beeinträchtigung, der sie ausgesetzt sind. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) fördert im Rahmen der Innovationsinitiative mFUND verschiedene Projekte, die sich mit inklusiver Mobilität beschäftigen.

In Deutschland gelten rund 13 Millionen Personen als Menschen mit Beeinträchtigungen. Diese Beeinträchtigungen sind äußerst vielfältig und können Körper sowie Sinne genauso betreffen wie Psyche oder kognitive Fähigkeiten. Das bringt individuelle Herausforderungen mit sich: So muss ein Mensch mit motorischen Beeinträchtigungen im Alltag ganz andere Hürden überwinden als ein Mensch mit einer Seh- oder Hörbeeinträchtigung. Entsprechend divers sind auch die Forderungen an das Grundrecht auf Barrierefreiheit und die soziale Teilhabe.

Zentraler Schlüssel zu sozialer Teilhabe ist eine umfassende barrierefreie Mobilität. Dazu gehört etwa die Möglichkeit, selbstständig im öffentlichen Verkehr unterwegs sein zu können. Ein Drittel der Menschen mit Beeinträchtigungen sieht sich dazu nicht in der Lage – und ist auf Unterstützung bei der Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln angewiesen. Ein wichtiges Ziel datengetriebener Mobilitätsprojekte ist daher, die Situation für diese Menschen zu verbessern.

Grafik mit Datenstand vom November 2020 barrierefreier Bahnhöfe in Deutschland

Quelle: BMDV

In den vergangenen Jahren hat sich im Bereich Inklusion im ÖPNV jedoch viel bewegt: Inzwischen sind fast 80 Prozent der rund 5.700 Bahnhöfe, Haltestellen und Haltepunkte in Deutschland barrierefrei zugänglich. Dennoch müssen Menschen mit Beeinträchtigungen die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel sorgfältig im Voraus planen. Allerdings stehen zuverlässige Informationen, die sie hierfür benötigen, häufig nicht zur Verfügung. Der mFUND, das Förderprogramm für Dateninnovationen in der Mobilitätdes BMDV, hat sich u.a. die Verbesserung dieser Situation auf die Fahne geschrieben. Dabei sollen Menschen mit Beeinträchtigungen explizit in die Erforschung inklusiver Mobilitätslösungen einbezogen werden. Seit 2016 fördert daher das Verkehrsministerium unterschiedliche Projekte zur inklusiven Mobilität.

„Wheelmap“ informiert über Barrierefreiheit

Darunter fallen mehrere Projekte der „SOZIALHELDEN“. Bereits im Jahr 2010 begann der Berliner Verein mit der Entwicklung der sogenannten Wheelmap, einer App für rollstuhlgerechte Orte. In dieser Datenbank erfasst das Forschungsteam öffentlich zugängliche Orte und deren Barrierefreiheitsgrad. In mehreren mFUND-Projekten erweiterten die Expertinnen und Experten der SOZIALHELDEN dann die App-Funktionen. Beispielsweise erarbeiteten sie im Projekt Elevate Delta ein Funksystem zur automatischen Meldung defekter Aufzüge im ÖPNV. So lässt sich der Betriebsstatus eines Aufzugs in Echtzeit in der Wheelmap abrufen. Im Rahmen des mFUND-Projekts MiKi – Mobil im Kiez – erweiterten die Forschenden die App um eine Navigationsfunktion, damit sich Betroffene darüber informieren können, ob auch die Wege zu rollstuhlgerechten Orten barrierefrei sind. Und mit dem a11y-Score will das SOZIALHELDEN-Team nun über den Barrierefreiheits-Status verschiedener Regionen informieren. Die Vergleichbarkeit der Scoring-Ergebnisse soll kommunale Verantwortliche dazu motivieren, die Situation für die große Gruppe der 13 Millionen Menschen mit Beeinträchtigungen in Deutschland durch geeignete Maßnahmen zu verbessern.

Portrait von einem lächelnden Holger Dieterich vor einem weißen Hintergrund

Quelle: Andi Weiland / Gesellschaftsbilder.de

Holger Dieterich von den SOZIALHELDEN e.V.:

Daten helfen, den Alltag zu planen! Aufzüge an Bahnhöfen werden auch in Zukunft immer wieder ausfallen. Doch Daten helfen, sich darauf vorzubereiten.

Das im Projekt MyWay forschende Team will hingegen nicht nur die Barrieren für körperlich Eingeschränkte in einer App darstellen. Es will vielmehr bereits bestehende ÖPNV-Apps dazu befähigen, vielfältig beeinträchtigen Menschen individuelle Mobilitätsangebote zu unterbreiten. Denn das Forschungsteam identifizierte große Datenlücken hinsichtlich der Hindernisse für Menschen mit anderen als motorischen Beeinträchtigungen. Die Forschenden sprechen in diesem Zusammenhang von einem „diversity data gap“.

Individuelle Mobilitätsangebote machen

Ob und welche Hindernisse als solche bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel wahrgenommen werden, ist sehr individuell. Auch deren Schwere ist unterschiedlich: Während manche Hindernisse eine Reise ganz verhindern oder zum Abbruch führen, schmälern überwindbare Hindernisse „lediglich“ die Attraktivität einer Reise, da beispielsweise größere Umwege in Kauf genommen werden müssen. Gleichzeitig sind bestimmte Beeinträchtigungsmerkmale nur vorübergehend oder situativ gegeben, wie etwa das Mitführen eines Kinderwagens oder Fahrrads, andere wiederum permanent. Die Forschenden haben daher verschiedene Hinderniskategorien definiert und daraus unterschiedliche Mobilitätsprofile abgeleitet. Diese Profile können unter Wahrung technischer, praktischer und datenschutzrechtlicher Aspekte in bestehende Mobilitäts-Apps integriert und mit Verbindungen und Verkehrsmitteln verknüpft werden. So können Menschen mit Beeinträchtigungen automatisch auf sie persönlich zugeschnittene Mobilitätsangebote erhalten.

MyWay: Grundlagen zur Erweiterung einer Mobilitäts-App für personalisiertes Routing für Personen mit Diversitätsmerkmalen

Das im Projekt MyWay forschende Team definierte auf Basis von Hinderniskategorien verschiedene Mobilitätsprofile. Diese Profile können unter Wahrung technischer, praktischer und datenschutzrechtlicher Aspekte in bestehende Mobilitäts-Apps integriert und mit Verbindungen und Verkehrsmitteln verknüpft werden. so können Menschen mit Beeinträchtigungen automatisch auf sie persönlich zugeschnittene Mobilitätsangebote erhalten.

Projektlaufzeit: Juni 2022 – Mai 2023

Mehr Informationen zum mFUND-Projekt MyWay

Die verschiedenen mFUND-Projektbeispiele für inklusive Mobilität zeigen, wie wichtig eine belastbare Datenlage für den barrierefreien öffentlichen Verkehr ist: Je zuverlässiger und vollständiger die Daten, desto ausgefeilter und verlässlicher die Informationsangebote für die Menschen. Es gilt also für Expertinnen und Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft, noch einige Hürden auf dem Weg zu einer hundertprozentig barrierefreien Mobilität zu überwinden.

Ergebnisse in die Praxis bringen

Der Grundstein ist gelegt. Nun braucht es Institutionen und Akteure, die die mFUND-Ergebnisse in die Anwendung bringen und Nutzenden neue Dienstleistungen und Produkte zur Verfügung stellen. Mit dem Thema „Geschäftsmodelle“ will der mFUND im Jahr 2024 verstärkt über die Möglichkeiten des Praxistransfers informieren – auch damit Menschen mit Beeinträchtigungen schon bald individuell auf sie zugeschnittene Mobilitätsangebote erhalten können.

Mehr Informationen zum Thema Inklusive Mobilität

Selbstständig unterwegs im ÖPNV

In Deutschland gilt jede sechste Person als Mensch mit Beeinträchtigung. Ein Drittel von ihnen benötigt Unterstützung bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Hauptgrund sind fehlende oder unzuverlässige Informationen über die individuelle Barrierefreiheit. Im Rahmen des mFUND fördert das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) verschiedene Projekte, die sich mit inklusiver Mobilität beschäftigen.