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Führerschein

Quelle: Fotolia / htphotography

Update vom 21.09.2023, 18:00 Uhr

Volker Wissing:

Nachdem sich die deutschen Grünen von den Vorschlägen ihrer europäischen Kollegin scharf distanziert haben, fordere ich Karima Delli auf, diesen an der Realität vorbeigehenden Vorstoß offiziell zurückzuziehen. In Zeiten, in denen Europa durch zahlreiche Herausforderungen gefordert ist, müssen wir eine Politik für und nicht gegen die Menschen machen.

Update vom 21.09.2023, 09:00 Uhr

Zur Einführung von Tempolimits und Nachtfahrverbote für Fahranfänger und dem Ablaufen von Führerscheinen von Senioren äußerte sich Bundesminister Volker Wissing wie folgt:

Das ist ein massiver Eingriff in die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger. Mobilität ist ein Grundbedürfnis der Gesellschaft, Mobilität heißt Teilhabe und ein selbstbestimmtes Leben. Der Vorschlag aus dem EU-Parlament ginge voll zu Lasten der Älteren und Jüngeren im ländlichen Raum. Wir haben bei den älteren Autofahrern keine signifikanten Unfallzahlen und damit keinen Grund für einen Generalverdacht. Und wie kämen wir dazu, die jüngeren Autofahrer abends von der Straße zu verbannen? Wie sollen sie ihren Arbeitsplatz erreichen, wenn sie etwa Schichtarbeiten? Diese Vorschläge sind empörend.

Ich lehne die Änderungsanträge der Berichterstatterin im Verkehrsausschuss des Europäischen Parlaments zur Reform der Führerscheinrichtlinie entschieden ab und mein Haus wird sich weiterhin in den EU-Arbeitsgruppen für Änderungen einsetzen. Klar ist, Deutschland wird den Vorschlägen in dieser Form nicht zustimmen.

Die Verhandlungen zur EU-Führerscheinrichtlinie befinden sich noch in frühem Stadium. Die EU-Mitgliedsstaaten haben daher noch die Möglichkeit, Änderungen einzubringen.

Hintergrund:

Eine der Berichterstatterin im Verkehrsausschuss des Europäischen Parlaments zur Reform der Führerscheinrichtlinie hat unter anderem folgende Änderungsanträge eingebracht, die von den Medien aufgegriffen wurden:

Fahranfängerinnen und Fahranfänger:

Während der Probezeit ein Tempolimit von 90km/h sowie ein nächtliches Fahrverbot. Nach der Probezeit eine erneute Fahrprüfung. Abschaffung begleitetes Fahren.

Seniorinnen und Senioren:

Gültigkeitsdauer des Führerscheins wird ab 60 Jahren auf 7 Jahre abgesenkt, ab 70 Jahre auf 5 Jahre, ab 80 Jahre auf nur noch 2 Jahre Gültigkeit. Möglichkeit von verpflichtenden Kontrollfahrten oder Auffrischungskurse mit einem Fahrlehrer sowie allgemeine ärztliche Untersuchungen zu Fahreignung und Fahreignungsprüfung für die Erneuerung des Führerscheins.

Führerscheinklassen:

Klasse B nur noch bis 1,8t und neue Führerscheinklasse bis 3,5t. Neue Führerscheinklasse über 1,8t erst ab 21 Jahren

Das BMDV vertritt im Rahmen der Verhandlungen folgende Positionen:

Zum Vorschlag für Fahranfängerinnen und Fahranfänger:

Die Diskussion zur Einführung von Tempolimits für Fahranfänger ist ebenfalls nicht tragbar. Die Koalition hat sich gegen ein Tempolimit entschieden und diese Entscheidung steht weiterhin. Um die Fahranfängersicherheit weiter zu verbessern, setzt Deutschland auf den Führerschein ab 17 Jahren. Das begleitete Fahren ist ein echtes Erfolgsmodell und soll künftig EU-weit möglich sein.

Zum Vorschlag für Seniorinnen und Senioren:

Auch die Einführung eines verpflichtenden Gesundheitstests (auch begrenzt auf die Gruppe der Senioren) lehnt das BMDV entschieden ab. Der Nutzen regelmäßiger Gesundheitsuntersuchungen ohne konkreten Anlass konnte für die Gruppe der Senioren bislang wissenschaftlich nicht bewiesen werden. Auch die von der Europäischen Kommission initiierte Evaluation der 3. EU-Führerscheinrichtlinie kommt zu diesem Ergebnis. Die Zahlen der Unfallstatistik lassen jedenfalls für Deutschland derzeit auch nicht den Schluss zu, dass von älteren Kraftfahrern oder Kraftfahrerinnen ein erhöhtes Unfallrisiko ausgeht. Unter Berücksichtigung des jeweiligen Bevölkerungsanteils sind ältere Verkehrsteilnehmer und Verkehrsteilnehmerinnen (65 Jahre und älter) deutlich seltener Unfallverursacher als jüngere Verkehrsteilnehmer und Verkehrsteilnehmerinnen (18-24 Jahre). Bezieht man die Fahrleistung mit ein, dann ergeben sich 2020 für die Gruppe der 65+ Pkw-Fahrenden 556 Beteiligte je 1 Mrd. Fahrzeugkilometer und für die 18-25-Jährigen Pkw-Fahrenden 1.147 Beteiligte je 1 Mrd. Fahrzeugkilometer. Auch das fahrleistungsbezogene Risiko, als Pkw-Fahrer an einem Unfall mit Personenschaden beteiligt zu sein, ist bei den Senioren damit deutlich niedriger als bei der Gruppe der jüngeren Verkehrsteilnehmenden.

Zum Vorschlag Führerscheinklassen:

Fakt ist, dass Kraftfahrzeuge mit elektrischem Antrieb schwerer werden. Vor diesem Hintergrund setzt sich Deutschland im Rahmen der Verhandlungen des KOM-Vorschlags für eine neue EU-Führerscheinrichtlinie für eine generelle Anhebung der Gewichtsgrenze für die Fahrerlaubnisklasse B auf 4,25 Tonnen ein – unabhängig davon, ob es sich um ein Fahrzeug oder eine Fahrzeugkombination handelt. Eine gesonderte Fahrerlaubnisklasse für besonders schwere Personenkraftwagen (SUV) wäre unverhältnismäßig.